DIE LINKE.: Erdoğan führt Türkei in internationale Isolation
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Martina Michels, stellvertretendes Mitglied der parlamentarischen EU-Türkei-Delegation, kommentiert die Pläne Erdoğans, den völkerrechtswidrigen Militärschlag in der nordsyrischen Region um Afrin auch auf das benachbarte Manbidsch auszuweiten zu wollen:
„Am vergangenen Wochenende hatte ich in Ankara die Gelegenheit, mit Betroffenen der jüngsten Verhaftungswelle in der Türkei zu sprechen. Sie galt vor allem jenen, die ein Ende des völkerrechtswidrigen Angriffs in Nordsyrien fordern und die sich für Frieden im Innern der Türkei sowie der ganzen Region, insbesondere in Syrien, einsetzen. Zu den ersten Verhafteten gehörten sowohl Mitglieder der türkischen Ärztevereinigung, die eine Erklärung gegen den Einmarsch veröffentlichten, als auch die bis Sonntag amtierende Ko-Vorsitzende der HDP, Serpil Kemalbay, die erst Samstag wieder auf freien Fuß kam.“
Michels ergänzt: „Dies ist bereits das zweite Mal innerhalb von zwei Jahren, dass Erdoğan Menschen verfolgen und einsperren lässt, die nichts anderes als Frieden und Dialog fordern, den sowohl der Südosten der Türkei als auch Syrien und der Irak so dringend brauchen. Stattdessen ist er nachdrücklich darauf erpicht, die Eskalation der ganzen Region durch sein gnadenloses Streben nach der regionalen Vormachtstellung in Kauf zu nehmen – und dabei geht er buchstäblich über Leichen.“
„Inzwischen marschiert die türkische Armee in Nordsyrien ein, nur weil die Gegend unter der Kontrolle der YPG/YPJ steht, die vielen Menschen aus anderen Teilen Syriens und des Iraks Schutz gegen den sogenannten Islamischen Staat/Daesh boten. Für Erdoğans Pläne, die Militäraktion auch auf Manbisch auszuweiten, um seinen und den Traum vieler Nationalist*innen in der Türkei vom sunnitischen Gürtel inmitten durch die kurdischen Regionen durchzusetzen, legt er sich - zumindest vordergründig - auch mit dem NATO-Partner USA an.“
Martina Michels hält fest: „Wenn die Weltgemeinschaft jetzt weiter schweigt, zuschaut und nicht mehr zu bieten hat, als moralische Parolen, die Erdoğan dennoch gewähren lassen, sind die NATO-Partner, die Vereinten Nationen, und nicht zuletzt auch die EU unmittelbar mitverantwortlich für eine Eskalation, der sie von vornherein hätten Einhalt gebieten sollen.“
„Zu klaren Forderungen und entsprechenden Taten der Mitgliedsländer der EU gehören die sofortige Einstellung von Waffenexporten an die Türkei und energische Schritte, um die türkischen Angriffe in Nordsyrien, die von Beginn an zivile Opfer forderten, zu stoppen. Erdoğan nutzt sein machtbesessenes Säbelrasseln auch und besonders, um nach Innen Stärke zu zeigen und die Wahlen 2019 vorzubereiten. Davon zeugen symbolpolitische Akte, wie die für heute geplante Straßenumbenennung vor der US-amerikanischen Botschaft, die nach dem Namen der Militäraktion in ‚Olivenzweig‘ umbenannt werden soll. Erdoğan führt die Türkei mit derlei Akten zugleich in die internationale Isolation. Die Leidtragenden sind zuerst auch viele Türkinnen und Türken, und besonders Kurdinnen und Kurden.“
„Den Maulkorb, den Erdoğan nach innen ausgegeben hat, sollte sich die EU nicht in vorauseilendem Gehorsam selbst umlegen, schon gar nicht, wenn es ausgerechnet um die YPG geht. Mit dem EU-Türkei-Deal, der sich nächsten Monat bereits zum zweiten Mal jährt, ist die moralische Hypothek der EU und vor allem ihrer Mitgliedstaaten bereits auf Jahre hinaus erschöpft. Herr Hahn und Frau Mogherini, nun zeigen Sie endlich einmal Haltung!“
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