ZEW: Zwang zur Transparenz hilft kaum gegen aggressive Steuerplanung
Date
Sections
Country-by-Country Reporting - Zwang zur Transparenz hilft kaum
gegen aggressive Steuerplanung
Die aggressiven Strategien multinationaler Konzerne wie Google, Apple oder
Amazon zur Minimierung ihrer Steuerlast werden seit einigen Jahren intensiv
in der Öffentlichkeit diskutiert. Um diesen Strategien entgegenzuwirken
und mehr Transparenz zu schaffen, wollen die Organisation für
wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) und die Europäische
Kommission eine länderbezogene Berichterstattung einführen – das sogenannte
Country-by-Country Reporting (CbCR). Damit sollen multinationale
Unternehmen zur Offenlegung steuerlicher Informationen gezwungen werden.
Eine aktuelle ZEW-Studie zeigt jedoch, dass sich das CbCR kaum zur
Eindämmung aggressiver Steuerplanung eignet.
Multinationale Konzerne nutzen häufig legale Möglichkeiten im nationalen
und internationalen Steuerrecht, um ihre Steuerlast so gering wie möglich
zu halten. Das geschieht etwa, indem Gewinne in Konzerntöchter und
Unternehmenssparten in anderen Ländern verlagert werden. Als Antwort auf
diese Praxis der aggressiven Steuerplanung haben OECD und EU-Kommission
Vorschläge zum CbCR unterbreitet, um den Konzernen mehr Transparenz in der
Rechnungslegung abzuverlangen. Kernbestandteil ist dabei eine umfassende
Offenlegung länderbezogener steuerlicher Informationen für Unternehmen
aller Branchen.
Die ZEW-Studie zeigt allerdings, dass sich weder Finanzberichte des
Gesamtkonzerns oder einzelner Konzerntöchter noch andere Daten als
einheitliche Grundlage für ein CbCR eignen. "Es wäre notwendig, zunächst
einmal standardisierte Regeln zur Ermittlung von Unternehmenseinkommen und
zur Bewertung von Unternehmensaktiva zu definieren, die für alle Länder
gelten", sagt Prof. Dr. Christoph Spengel, ZEW Research Associate und
Mitautor der Studie. "Hier hat die EU-Kommission mit der Vorstellung eines
Konzepts für eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-
Bemessungsgrundlage bereits einen ersten Schritt in die richtige Richtung
getan."
Hinzu kommt laut Studie, dass die erwarteten Kosten eines CbCR den
erwarteten Nutzen zumindest zu einem gewissen Teil übersteigen. "Den
Konzernen entstehen nicht nur direkte Kosten etwa durch die Aufbereitung
und Vereinheitlichung der Daten, sondern auch indirekte Kosten aufgrund der
Veröffentlichung sensibler Unternehmensinformationen", erklärt Christoph
Spengel. Effektiver wäre es daher, wenn die jeweiligen Gesetzgeber Lücken
in der nationalen Steuergesetzgebung schließen und geltendes Recht
konsequent durchsetzen würden, um so den Konzernen die Gewinnverlagerung in
andere Länder erheblich zu erschweren. Dabei plädieren die Autoren in
ihrer Studie für strengere und einheitliche Verrechnungspreisregeln und
sprechen sich für die Einführung von Regelungen zur Unterkapitalisierung
aus. "Die Länder müssen dabei allerdings untereinander sicherstellen, dass
ihre eigenen strengeren Steuerregeln international miteinander harmonieren,
um Doppelbesteuerung von Unternehmen zu vermeiden", sagt Christoph
Spengel.
Die Studie in englischer Sprache findet sich zum Download unter:
http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp17008.pdf
Für Rückfragen zum Inhalt:
Prof. Dr. Christoph Spengel, Telefon 0621/181-1704,
E-Mail spengel@uni-mannheim.de