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ZEW-Umfrage: Bund kann Schuldenbremse einhalten – bei vielen Ländern Zweifel

Date

17 Oct 2016

Sections

Euro & Finance
Justice & Home Affairs
  • Bund kann Schuldenbremse einhalten
  • Allein Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Hessen wird
  • mehrheitlich ein ausgeglichener Haushalt zugetraut
  • Konsequenzen bei Verstoß gegen Schuldenbremse unklar
  • Unterstützung für Länderfusionen, aber ohne das eigene Bundesland

Eine deutliche Mehrheit der Landtagsabgeordneten in Deutschland ist
zuversichtlich, dass der Bund die seit diesem Jahr für ihn geltende
Schuldenbremse einhalten kann. Ebenfalls haben viele Abgeordnete Vertrauen
in die Fähigkeit des eigenen Bundeslandes, die ab 2020 für die Länder
verbindliche Schuldenbremse einzuhalten. Gleichzeitig halten sie die
Chancen der meisten anderen Bundesländer für gering, einen ausgeglichenen
Haushalt erreichen zu können. Zugetraut wird dies nur Bayern, Baden-
Württemberg, Sachsen und Hessen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage,
die ZEW in Zusammenarbeit mit der Universität Mannheim im Zeitraum
2015/2016 unter Abgeordneten aller 16 deutschen Landesparlamente
durchgeführt hat. Im Vergleich zur ersten Umfrage dieser Art in den Jahren
2011/2012 hat insbesondere die Zuversicht bezüglich der Einhaltung der
Schuldenbremse auf Bundesebene sichtbar zugenommen.

Für den Bund gelten die Vorgaben der Schuldenbremse bereits seit diesem
Jahr. Für die Bundesländer tritt das gesetzliche Gebot des
Haushaltsausgleichs erst ab 2020 in Kraft. Im Gegensatz zur
Nullverschuldungsregel auf Ebene der Länder steht dem Bund jedoch ein
gewisser Spielraum für ein strukturelles Defizit in Höhe von 0,35 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts zu. Da die Schuldenbremse auf Bundesebene bereits
seit 2009 in Artikel 109 Absatz 3 des Grundgesetzes verankert ist, hat
sich eine lange Übergangszeit bis zur vollen Wirksamkeit ergeben, die
Fragen zur Glaubwürdigkeit der Schuldenregel aufwirft. Vor diesem
Hintergrund hat das ZEW nun erneut die Abgeordneten aller 16 deutschen
Landesparlamente in drei versetzten Wellen befragt. Von insgesamt 1.857
Abgeordneten haben 669 Landespolitiker geantwortet.

Die zweite Befragung zeigt eine gewachsene Zuversicht, dass der Bund die
Verpflichtungen der Schuldenbremse einhalten können wird. Hier schlägt die
deutlich verbesserte Finanzlage der öffentlichen Haushalte gegenüber der
entsprechenden Umfrage von vor vier Jahren zu Buche. Erstaunlicherweise hat
dies den Optimismus für die Länder nicht erhöht. Hier bleibt es auch bei
einer starken Asymmetrie: Während die Abgeordneten dem eigenen Land
überwiegend zutrauen, die Vorgaben der Schuldenbremse ab 2020 einhalten zu
können, werden die jeweils anderen Bundesländer in dieser Hinsicht mit
Misstrauen betrachtet. Lediglich vier Bundesländern (Bayern, Baden-
Württemberg, Sachsen und Hessen) wird mehrheitlich zugetraut, die Null-
Defizit-Grenze einhalten zu können.

Die Frage, ob es grundsätzlich erstrebenswert ist, die Schuldengrenze im
eigenen Bundesland einzuhalten, bejahen die befragten Landtagsabgeordneten.
Der Grund für diese Einstellung ist allerdings nicht die Angst vor
Strafen. Denn mit Sanktionen bei zu hohen Defiziten rechnen die Befragten
mehrheitlich nicht. Eher ist es wohl die Einsicht in die Notwendigkeit der
Begrenzung der öffentlichen Schuldenlast oder auch der Respekt vor dem
Grundgesetz, der die handelnden Politiker/innen zur Einhaltung der
Schuldenbremse drängt.

Der Finanzierungsspielraum der Länder, der mangels größerer
Steuerkompetenzen ohnehin recht gering ist, wird durch die Schuldenbremse
weiter vermindert. Damit stellt sich insbesondere für kleinere und
finanzschwache Länder die Frage nach der finanziellen Überlebensfähigkeit
und der Notwendigkeit von Länderfusionen. Die Begeisterung für dieses
wichtige föderale Reformthema ist unter den Befragten allerdings gering.
Zwar würde eine Verminderung der Anzahl der Länder prinzipiell von einer
Mehrheit der Abgeordneten begrüßt; die Beteiligung des eigenen Landes an
einer solchen Länderfusion lehnt eine klare Mehrheit allerdings ab.

Download des ZEW policy briefs mit detaillierten Ergebnissen der Umfrage:
http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/policybrief/pb06-16.pdf

Für Rückfragen zum Inhalt:
Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail
heinemann@zew.de