Es ist schon nach Zwölf! - Berliner Dezember-Kolloquium der DLG
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Es ist schon nach Zwölf!
Stärkere Anstrengungen aller Beteiligten bei der Vermeidung von Nährstoffüberschüssen erforderlich – Berliner Dezember-Kolloquium der DLG
(DLG). „Trinkwasser ist unser größter Bodenschatz. Aber 25 Jahre nach Inkrafttreten der Nitratrichtlinie und 16 Jahre nach Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie ist der Grundwasserschutz erheblich gefährdet, vor allem in Niedersachsen“, warnte Godehard Hennies, Geschäftsführer des Wasserverbandstag e.V. Bremen-Niedersachsen-Sachsen-Anhalt, auf dem DLG-Kolloquium „Wirtschaftsdünger richtig einsetzen“ am 6. Dezember in Berlin. „Bundesweit befinden sich 27 Prozent aller Grundwasserkörper wegen zu hoher Nitratgehalte in einem schlechten Zustand. Es ist also schon nach Zwölf!“, machte Hennies deutlich. Daher müsse auf der einen Seite das Ordnungsrecht deutlich verschärft werden. Auf der anderen Seite hält Hennies aber auch Kooperationen zwischen Wasser- und Landwirtschaft für ein sinnvolles Instrument.
Woher rühren die Probleme?
Bernhard Osterburg vom Thünen-Institut in Braunschweig zeigte, dass Probleme mit zu starken Nährstoffeinträgen vor allem auf zwei Punkte zurückzuführen sind: Hot-Spot-Regionen mit (zu) hoher Viehbesatzdichte und eine geringe N-Ausnutzung durch suboptimale Technologien und starke Unterschiede im Betriebsmanagement. Insgesamt fallen jährlich rund 190 Mio. m3 Gülle, Jauche und flüssige Gärreste an. Hinzu kommen ca. 28 Mio. t Mist, Geflügeltrockenkot und feste Gärreste. Bezogen auf eine Ausbringungsfläche von ca. zehn Mio. ha resultieren daraus über 30 Prozent der Stickstoff- und über 60 Prozent der Phosphatzufuhren. Analysen betrieblicher Nährstoffbilanzen zeigen, dass es bezüglich der Nährstoffausnutzung noch sehr große Unterschiede zwischen Betrieben mit vergleichbarer Struktur und ähnlichen Standortbedingungen gibt. Daraus folgert Osterburg, dass es bei der Nährstoffausnutzung in vielen Betrieben noch erhebliche Effizienzreserven gibt.
Alle Akteure gefordert
Um die Probleme aus der Konzentration der Tierhaltung nicht noch weiter eskalieren zu lassen, sei ein beherztes Gegensteuern erforderlich, erklärte DLG-Vizepräsident Hubertus Paetow. Dazu seien technische Lösungen zur Vermeidung von Emissionen bei der Lagerung und Ausbringung von Gülle nötig sowie Maßnahmen, mit denen die Transportwürdigkeit der Wirtschaftsdünger verbessert wird. Bei der Umsetzung sind nach Ansicht Paetows alle Akteure gleichermaßen gefordert – Politik, Wissenschaft, Landtechnik und Praxis.
Trend zu geteilten Logistiksystemen
Auch Philipp Staritz von der Blunk GmbH in Rendswühren meinte, dass sich mit Blick auf die anspruchsvollen Vorgaben des neuen Düngerechts Veränderungen bei der Art der Ausbringung und bei der Logistik ergeben werden. „Der Trend geht zu geteilten Logistiksystemen, bei denen die Ausbringtechnik auf der Fläche bleibt und von LKW oder schleppergezogenen Gespannen mit Gülle bzw. Gärresten versorgt wird. In den letzten Jahren hat sich die ausgebrachte Menge im Spätsommer und Herbst schon deutlich reduziert, und der Einsatz von Nitrifikationshemmern im Frühjahr hat zugenommen“, so Staritz.
Wirtschaftsdünger in Ackerbauregionen verbringen
Die neuen gesetzlichen Regelungen rufen auch die Ackerbauern auf den Plan. „Im Hinblick auf die regional sehr unterschiedlich anfallende Menge werden Wirtschaftsdünger zunehmend auch in Ackerbauregionen verbracht werden müssen“, so Dr. Harm Drücker von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Er zeigte Möglichkeiten, Grenzen und Kosten verschiedener Aufbereitungsverfahren auf.
Die Effizienz der Wirtschaftsdünger ist einfach noch zu schlecht
Gerade mit Blick auf die neuen zulässigen N-Salden machte Ackerbauer Heinrich von der Decken hingegen deutlich, warum er vorläufig keine Wirtschaftsdünger mehr auf seinem Betrieb im schleswig-holsteinischen Panker einsetzen will. Bisher wurden regelmäßig Klärschlamm und etwas Gärrest ausgebracht. „Die Effizienz der Wirtschaftsdünger ist einfach noch zu schlecht. Und wir müssen erstmal vor unserer eigenen Tür kehren, um die Bilanzen in den Griff zu bekommen. Erst dann können wir wieder darüber nachdenken, Wirtschaftsdünger aufzunehmen“, so von der Decken.
Effizientere Nährstoffausnutzung durch Verlagerung der Gülleausbring ins Frühjahr
Für den Schweinehalter Thomas Asmussen ist im Sinne der Kreislaufwirtschaft und einer optimalen Ressourcennutzung ein gut ausgewogener Mix von Wirtschafts- und Mineraldünger sinnvoll. Bei ihm fallen im Durchschnitt rund 6.200 m3 Gülle pro Jahr an. „Bei der Höchstgrenze von 170 kg N/ha/Jahr Verbringung aus Wirtschaftsdünger müssen aus unserem Betrieb Nährstoffe exportiert werden in der Größenordnung von 90 ha Ausbringfläche“, so Asmussen. Für ihn steht fest, dass der Einsatz von Wirtschaftsdünger durch die positiven Eigenschaften zur Bodenfruchtbarkeit und Ertragskraft der Böden beiträgt. Die Verlagerung der Gülleausbringung in das Frühjahr führt seiner Meinung nach zu einer effizienteren Nährstoffausnutzung.