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DIE LINKE.: Big Brother's Speicher für Identitätsdaten: Trilog zur biometrischen EU-Superdatenbank beginnt

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24 Oct 2018

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InfoSociety

Am heutigen Mittwoch (24.10.2018) beginnen die Trilog-Verhandlungen zur sogenannten Interoperabilitäts-Verordnung. Mit dieser Verordnung soll es einerseits ermöglicht werden, diverse EU-Datenbanken wie das Schengen Informationssystem (SIS), das Visa-Informationssystem, Eurodac und die Daten von Europol zusammenzuführen und in einer Art Suchmaschine interoperabel zu machen. Zugleich wird in Form eines Speichers für Identitätsdaten eine neue biometrische Superdatenbank geschaffen, die Hand- und Fingerabdrücke sowie biometrische Fotos von mehreren hundert Millionen Menschen vereint. Nachdem der Text Anfang des Monats durch den EP-Innenausschuss (LIBE) ging und das nötige Quorum für einen Einspruch in der Straßburger Plenarsitzung nicht zustande kam, beginnen heute die Verhandlungen mit Rat und Kommission. Dazu Cornelia Ernst, zuständige Unterhändlerin für die EP-Linkfraktion GUE/NGL:

 

„Diese Superdatenbank markiert den ‚point of no return‘ für die EU auf dem Weg hin zu einem System, das auf der Überwachung und unentwegten biometrischen Identifizierung der Menschen beruht. In dem System werden die biometrischen Daten aller nicht-EU-Bürger*innen der Erde gespeichert, die schon einmal irgendetwas mit der EU zu tun hatten. Ist aber solch ein System erst einmal eingerichtet, ist die Erweiterung auf alle EU-Bürger*innen nur noch ein kleiner Schritt. Damit wird eine solche Datenbank zu unumkehrbaren Eingriffen in die Privatsphäre der Einzelnen führen. Das ist gefährlich, unverhältnismäßig, unnötig, unredlich und kostspielig.“

 

„Gefährlich ist ein solchen Unterfangen, weil keine wirksamen Schutzmechanismen eingebaut werden können, die die Einzelnen vor Missbrauch seiner oder ihrer Daten schützen. Die Daten wurden schließlich für vollkommen unterschiedliche Zwecke erhoben; für Visums-Anträge, Asyl-Registrierungen, Grenzkontrollen oder auch für die Strafverfolgung. Damit wird es möglich, auf Knopfdruck alle irgendwo vorhandenen Datenbankeinträge zu einer Person abzurufen, diesen Geist sollten wir keinesfalls aus der Flasche lassen! Nicht zufällig gehen die Verordnung genauso wie der Testlauf für Gesichtserkennung am Berliner Südkreuz auf Thomas de Maizière zurück.“

 

„Unverhältnismäßig ist dieses Vorhaben, weil wir hier bereits jetzt von biometrischen Daten von mehr als einer halben Milliarde Menschen sprechen, Tendenz steigend. Ein solches Überwachungsinstrument wird unumkehrbar die Sicherheit personenbezogener Daten gefährden, zudem mit heute noch unabsehbaren Folgen.“

 

„Unnötig deshalb, weil eine solche Datenbank das Missbrauchsrisiko stärker ansteigen lassen wird, als den potentiellen Nutzen durch eine solche Verknüpfung verschiedener Heuhaufen. Wir benötigen einen besseren Austausch von Daten zur wirklichen Kriminalitätsbekämpfung, nicht zuletzt der Steuerhinterziehung, des Menschenhandels und der Geldwäsche. Von einer solchen, willkürlichen Superdatenbank jedoch, profitieren in erster Linie die Überwachungsphantasien, nicht aber die Strafverfolgung.“

 

„Unredlich und rassistisch ist dieses Unterfangen, weil es Flucht und Migration mit Kriminalität in einen Topf wirft und den Anschein erweckt, als müssten wir nur über die Ausländer mehr wissen und schon wäre der Kriminalität ein Ende gesetzt.“

 

„Letztlich kostspielig ist das Projekt, da die Kosten mindestens 450 Millionen Euro betragen werden, der größte Teil davon aus dem Unionsbudget. Da die Teilsysteme erst entwickelt werden müssen, darf getrost noch mit erheblichen Mehrkosten gerechnet werden.“

 

„Wir lehnen ein solches Unterfangen ab, weshalb wir im Ausschuss 200 Änderungsanträge einreichten, wovon nur wenige angenommen wurden. In den heute beginnenden Trilog-Verhandlungen werden wir uns weiterhin gegen das Vorhaben engagieren, das von einer Mehrheit von EU-Skeptiker*innen (EKR), Christdemokrat*innen (EVP), Liberalen (ALDE) und Sozialdemokrat*innen (S&D) gestützt wird.“

 

 

Kontakt
Büro Cornelia Ernst
Mitglied des Europäischen Parlaments
Sprecherin der Delegation DIE LINKE. im EP
0032 228 45 660

cornelia.ernst@ep.europa.eu
cornelia-ernst.de
@ErnstCornelia