ZEW: EU-Kommission benötigt Kontrolle durch Fiskalwächter
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EU-Kommission benötigt Kontrolle durch Fiskalwächter
Die Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspakts leidet zunehmend an
der zu breiten Auslegung seiner Regeln durch die Europäische Kommission.
Politische Rücksichtnahme verhindert, dass die Defizitverfahren mit ihren
Sanktionen konsequent zur Anwendung kommen. Der im vergangenen Jahr
eingesetzte Europäische Fiskalrat (European Fiscal Board: EFB) bietet
Chancen zur Korrektur. Das ZEW hat sich gemeinsam mit internationalen
Forschungspartnern mit dem EFB befasst und Vorschläge gemacht, diese
Institution weiter als neutrales Gegengewicht zur EU-Kommission zu stärken.
Diese Vorschläge wurden heute bei der ZEW Lunch Debate zum Thema "Making
the Most of the European Fiscal Board" in Brüssel erstmals vorgestellt.
"Die EU-Kommission benimmt sich in der fiskalischen Überwachung der
Mitgliedstaaten immer mehr wie ein Richter, der mit den Angeklagten unter
einer Decke steckt", beschreibt Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des
ZEW-Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche
Finanzwirtschaft" sowie des Projektteams, das Grundproblem. Tatsächlich ist
es in jüngster Zeit immer wieder zu sehr großzügigen Fristverlängerungen
für die Verringerung der Staatsdefizite in Ländern der Eurozone gekommen.
Vor diesem Hintergrund bietet ein unabhängiger Fiskalrat eine große Chance.
Ein solcher Rat habe zwar keine Entscheidungsbefugnis, erklärt Heinemann
weiter, aufgrund seiner Neutralität und Glaubwürdigkeit könne er jedoch für
die Medien sowie die allgemeine Öffentlichkeit wichtige Hinweise geben,
inwieweit die EU-Kommission ihren Interpretationsspielraum überziehe.
Dadurch gerate die EU-Kommission unter einen stärkeren Druck der
Öffentlichkeit.
Allerdings fehlen dem EFB in seiner derzeitigen Ausgestaltung nach
Überzeugung des Autorenteams die notwendigen Voraussetzungen für ein
erfolgreiches Arbeiten als Fiskalwächter. Die Wissenschaftler/innen machen
deshalb eine Reihe von Reformvorschlägen: "Der EFB muss organisatorisch von
der EU-Kommission losgelöst werden", so Friedrich Heinemann. Derzeit sind
die fünf Ratsmitglieder zwar unabhängige und angesehene Wissenschaftler,
den personellen Unterbau stellen aber Mitglieder der Kommission. Das sei
keine ausreichende Gewähr für wirkliche Unabhängigkeit, befürchten die
Autoren. Außerdem verfüge der Rat nur über sehr geringe Ressourcen und
solle laut Auftrag lediglich einmal im Jahr einen Bericht vorlegen und
ansonsten der Kommission lediglich auf Anforderung mit Analysen zur Seite
stehen. "Wenn der EFB sich wirklich nur auf diese jährlichen Berichte
beschränkt und die allgemeine Öffentlichkeit nicht eigenständig und
kritisch zu den Entscheidungen der Kommission informiert, dann wird er
völlig unwirksam bleiben", fasst Friedrich Heinemann zusammen.
Der Policy Brief "Making the Most of the European Fiscal Board" findet sich
in englischer Sprache zum Download unter:
http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/policybrief/en/pb03-17.pdf
Für Rückfragen zum Inhalt:
Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail
heinemann@zew.de